Grundlage zur Zusammenarbeit mit dem Pferd ist, dass es seinem Menschen vertraut, ihn ernst nimmt, und ihm auch die Führung zutraut und somit im Zweifelsfall gerne überlässt. Pferde wollen eine klare Rangordnung, sie sorgt für Sicherheit, Berechenbarkeit und die klare Regelung von Zuständigkeiten. Zudem wissen Pferde eine kompetente Führung sehr zu schätzen, vor allem auch jemanden zu haben, der Gefahren einschätzen kann und immer weiß, welche Reaktion gerade gut und angemessen ist. So hat „Herdenführung“ nicht nur etwas mit Durchsetzungsfähigkeit zu tun, sondern vor allem auch mit Souveränität, Berechenbarkeit und Selbstsicherheit. Wer dem Pferd gegenüber entsprechend auftritt, hat schon halb gewonnen.

Viele Probleme mit dem Pferd sind allerdings weniger eine Frage der Rangordnung, sondern entstehen aus fehlerhafter Kommunikation (da ist vor allem zu nennen: Unberechenbarkeit des Halters, Nachgiebigkeit im falschen Moment, Druck im falschen Moment), daneben aus falscher Haltung (zu wenig freie Bewegung/Sozialkontakte, zu wenig Grundlagenarbeit/Bodenarbeit) und zu wenig Gewöhnung an Umweltreize.

 

Zudem sollte bei Problemen immer auch der gesundheitliche Aspekt mit bedacht werden. Zahnprobleme, Verspannungen oder ein unpassender Sattel können so einige „Widersetzlichkeiten“ erklären.

 

Pferde sind daneben in erster Linie Opportunisten, sie tun das, was sie als positiv für sich ansehen, und vermeiden das, was sie als negativ empfinden. Pferde tun nichts, um ihren Menschen zu ärgern, sie verhalten sich immer in ihren Augen angemessen und sind vor allem ehrlich. Möchte man das Verhalten des Pferdes ändern, muss man die Sichtweise, die Empfindungen des Pferdes in der jeweiligen Situation ändern. Das klappt über großes Vertrauen des Pferdes in seinen Menschen oder darüber, das Pferd selbst Erfahrungen in entsprechender Richtung sammeln zu lassen (das ist positiv für dich, das nicht, bzw.: das ist nicht gefährlich).

 

Pferde reagieren beim Menschen prinzipiell auf Körpersprache und Stimmungen. Einzelne Laute lernen sie zuzuordnen, aber die Sprachmelodie ist immer wichtiger. Einiges verstehen Pferde instinktiv, z.B. Raumbeanspruchung durch entsprechende Körpersignale des Menschen. Vieles muss allerdings recht aufwändig konditioniert werden. Wichtig hierfür sind feste Rituale, Konsequenz, Lob und Strafe im exakt richtigen Moment und vor allem auch entsprechende Stimmungsübertragung. Ruhige Souveränität und geduldige Konsequenz helfen immer mehr, als aufbrausende „Gewalt“, um „Stärke“ zu demonstrieren. Letzteres führt eher dazu, dass Pferde abstumpfen, also immer mehr körperliche Einwirkung nötig wird, oder aber, dass die Pferde die Mitarbeit immer mehr einstellen, weil Zusammenarbeit mit dem Menschen für sie grundsätzlich negativ belegt ist. Zur Erinnerung: Pferden zeigen ein Verhalten häufiger, dass sich lohnt bzw. angenehm für sie ist und unterlassen, was sie mit unangenehmem verbinden.

 

Führungsanspruch kann daneben auch dadurch bekräftigt werden, dass man tatsächlich „führt“. Also durch Engstellen immer als erstes geht, vor dem lösen des Stricks auf der Koppel Aufmerksamkeit einfordert und keine Rempeleien des Pferdes duldet. Auf eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Pferd, ein Kräftemessen, sollte man sich allerdings nicht einlassen. Das Pferd ist stärker.

Lob und Strafe

 

Foto: jramspott/flickr, Auseinandersetzung mit Umweltreizen

Damit das Pferd gerne mitarbeitet, muss Vertrauen zum Menschen da sein, eine verständliche Kommunikation und ein generell positives Empfinden von Zusammenarbeit. Dennoch wird man dem Pferd auch vermitteln müssen, was man nicht möchte. Dies kann man unter anderem dadurch erreichen, dass man das Pferd selbst die Erfahrung machen lässt, was sich lohnt und was nicht, bzw. welches Verhalten zielführend ist. Das Pferd zeigt eine Handlung, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Nun muss man ihm vermitteln, durch welches Verhalten es zum Ziel kommt und mit welchem nicht. Wehrt es sich z.B. gegen eine Bewegungseinschränkung, bekommt es sofort mehr Raum, sobald es sich freiwillig zurück nimmt. Die falsche Lernerfahrung wäre es dagegen, ihm für das Aufbegehren mehr Raum zu geben. Oder falls das Pferd vor einer Plastiktüte scheut, lässt man es die Erfahrung machen, dass die Tüte ihm nichts tut und besteht auf den Weg. Ganz falsch wäre es, die Tüte wegzuräumen, so lernt es nur: scheuen führt zum gewünschten Ziel und die Tüte ist wirklich gefährlich.

 

Daneben gibt es auch direkte Strafe und Lob, z.B. ein Leckerlie, wenn das Pferd auf seinen Namen hört oder ein kurzer Ruck am Halfter, wenn das Pferd beim Führen nicht stehen bleibt, sobald sein Mensch dies tut. Ganz wichtig zu bedenken ist, dass man Pferden nicht erklären kann, wofür sie gelobt oder gestraft werden. Sie beziehen beides auf das, was gerade zeitgleich passiert oder was sie zeitgleich tun. Strafe über längere Dauer oder im Nachhinein bewirkt nur einen erheblichen Vertrauensverlust des Pferdes in seinen Halter, bzw. eine völlig falsche Verknüpfung.

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