Die kleine Chihuahua-Dame Vana lebt seit einigen Monaten zusammen mit ihrem Frauchen und ihrem Herrchen in einer Wohnung in der Nähe von Köln. Alles gefällt ihr sehr gut, bis mit dem Dezember auch das große Mysterium des Weihnachtsmanns auf die kleine Lady zukommt. Von dem hatte sie in ihrem vorherigen Zuhause schon einmal etwas gehört. Damals sprangen jedoch so viele Hunde um sie herum, dass sie da irgendwie nicht so recht mitgekommen war. Doch nun hat Vana ein Einzelkörbchen zu verteidigen und gleichzeitig noch die schwere Aufgabe, dem Wort „Futterneid“ selbst ohne Konkurrenz eine völlig neue Bedeutung zu geben. Nicht gerade die ideale Voraussetzung für eine besinnliche Zeit – doch jeder neue Tag in Vanas eigenem kleinem Adventskalender wird für sie zu etwas ganz besonderem. Von ihrer persönlichen Festtagsvorbereitung hat Vana uns einige Einblicke zukommen lassen. Na dann, frohe Weihnachten, kleines Fellknäuel.

 

 

1. Tag

„Weihnachten“ prangt das Wort groß und glanzvoll an unserer Tür. Ein großer Stern säumt das Wort, das ich niemals hätte lesen können. Aber mein Frauchen hat es inzwischen sooft wiederholt, dass ich ganz gebannt davon bin. Ich bin von allem fasziniert, was sie und Herrchen sagen – das ist meine Familie, natürlich bin ich gebannt davon. Immerhin geben sie mir Futter…und Leckerlis. Und wenn ich eins noch mehr liebe, als meine Familie, dann ist es eine Familie, die Leckerlis herbeizaubert. „Zauber“ ist übrigens ein gutes Stichwort, mit dem ich wohl normalerweise auch nichts anfangen könnte, aber es scheint mit Weihnachten zu tun zu haben. „Weihnachtszauber“ strahlt mein Frauchen und sieht dabei aus, wie die Gewinnerin einer wichtigen Preisverleihung (die Frau ist versessen von den so genannten Stars und Sternchen, ich musste das oft genug über mich ergehen lassen, glauben Sie mir). Sie tänzelt umher zu einer Musik voller Glöckchen und ich bin mir nicht sicher, ob sie erwartet, dass ich den Glöckchen folgsam sein sollte. Ich beschließe, ebenso enthusiastisch um sie herumzuspringen und offensichtlich war das richtig, denn ich bekomme tatsächlich ein Leckerli dafür. Verstehen Sie jetzt, warum ich diese Familie so mag? Für jeden Quatsch gibt es Essen. Nur niedlich aussehen muss ich – und seien wir ehrlich, nichts fällt mir leichter als das. Ich schaue wieder hoch zur Eingangstür unseres großen Familienkörbchens („Wohnung“ nennen die Menschen es). WEIHNACHTEN. Der Stern starrt mich nieder. Ich versuche die Menschen zu verstehen, aber mit all ihren ausgedachten komischen Begriffen ist das doch sehr schwierig. Wir sprechen einfach nicht dieselbe Sprache. „Bald kommt der Weihnachtsmann, Vana!“, trällert mein Frauchen und hängt eine Schnur mit kleinen Lichtern entlang des Fensters. „Ist das nicht hübsch?“, ruft sie verzückt. Was soll ich bellen? Es ist furchtbar, die Frau hat keinen Geschmack. Aber was soll der Hund schon daran ändern? Ich beschließe, das hässliche Ding bei der nächsten Gelegenheit zu zerstören. Ich schütze Frauchen hier nur vor sich selbst. Jedoch hängt das Leuchtedings zu hoch und offensichtlich ist es auch irgendwie gefährlich. Das schrille „Nein Vana, da ist Strom drauf!“ klingt auf jeden Fall nicht so richtig nach Weihnachtszauber. Na gut, dann lassen wir die Geschmacksverirrung halt am Fenster. Vielleicht kann mein Herrchen da ja noch was drehen. Ich lege mich auf mein Kissen und betrachte das Fenster. Was hatte Frauchen noch gesagt? Weihnachtsmann? Wer soll das sein. Wohnt hier etwa bald noch jemand? Herrje, ich mag doch gar keine neuen Menschen in meiner Umgebung. Ich blinzele das Leuchtedings am Fenster an. Ich werde das zu verhindern wissen. Niemand nimmt mir hier mein Körbchen im großen Familienkörbchen weg. Nicht einmal der Typ, für den Frauchen und Herrchen hier Schmuck aufhängen. Der erst recht nicht!

 

 

2. Tag

Ich bin hier keinen Pfotenabdruck weiter als gestern. Weihnachtsmann? Wer bitte zieht denn hier ein? Für wen veranstalten wir den Spaß hier und warum in aller Welt kommt der Mann nur, wenn wir Licht im Fenster hängen haben? Als Herrchen einzog, hat Frauchen hier auch kein Licht ins Fenster gehängt. Das ist doch seltsam. Meine Spürnase verrät mir, dass hier etwas nicht so ist, wie sonst. Zumal ich schon früher mal vom Weihnachtsmann gehört habe. Schon damals hat man für ihn geschmückt, als ich noch woanders mein Körbchen hatte, als hier. Vielleicht zieht der Kerl ständig um? Verfolgt der mich? Warum tut er das denn? Frauchen lässt sich indessen kaum von meiner Verwirrung beirren und schleppt kistenweise Zeug an, das sie mit „Weihnachten“ in irgendeiner Form in Verbindung bringt. Da stehen im Wohnzimmer auf einmal kleine Gestalten mit Hörnern. „Rentiere, sieh mal Vana. Ist das nicht hübsch?“ Nein. Die Viecher sehen gruselig aus und starren mich an. Ich ziehe meine Rute ein und lege die Ohren an. „Ach komm schon Vana, die sind doch nicht echt!“ Was sollen wir dann damit? Verständnislos blicke ich hoch zu Frauchen, die aber überhaupt keine Anstalten macht, mich von den stummen Neuankömmlingen zu befreien. Der Weihnachtsmann hat offenbar ein Rudel. Und dieses Rudel macht sich hier nach und nach breit. Mittlerweile habe ich schon herausgefunden, dass er am 24. Dezember hier ankommt. Aus einem Gespräch von Frauchen und Herrchen habe ich erfahren, dass es noch „22. Tage bis Weihnachten“ sind. Ich habe also noch 22. Tage Zeit, um erstens, herauszufinden, wer hier einzieht und warum wir für ihn alles umräumen und zweitens, um zu verstehen, wie ich denjenigen wieder loswerde oder ihm alternativ sehr viele Leckerlis entlocke. Es ist eine gefährliche Mission für einen kleinen Hund für mich, aber ich werde ihn finden – vorher! Frauchen sagte, niemand habe den Weihnachtsmann jemals leibhaftig gesehen bisher. Tja ihr Lieben, falsch gedacht. Meine Spürnase und ich: Wir werden ihn finden, bevor er uns gefunden hat! Niemand kommt zwischen mich und mein Familienkörbchen.

 

 

3. Tag

Die Suche nach dem Weihnachtsmann, um seinen Plan, mir mein Familienkörbchen streitig zu machen zu vereiteln und ihn für mich als Leckerli-Futterstelle zu gewinnen, gestaltet sich mehr als hundsmiserabel. Ich habe eine fürchterliche Entdeckung gemacht: Der Mann hat Doppelgänger. Es ist, als hätten alle Hunde eines Rudels mit einem Mal die gleiche Fellfarbe angenommen, würden sich entlang eines Weges aufstellen und auf die ewig gleiche Weise bellen. „Hohoho!“ schreit mich Weihnachtsmann Nummer drei an, als ich mit Herrchen und Frauchen abends die Straßen entlangschlendere. Ich bin kurz davor, ihn böse anzuknurren, stellvertretend für all die Weihnachtsmänner zuvor gleich mit. Beim ersten hatte ich noch große Hoffnung gehabt. Wie schnell hatte ich ihn gefunden! Ein Freudentänzchen hatte ich aufgeführt, als Frauchen begeistert quiekte. „Sieh mal Vana, da ist der Weihnachtsmann“, schrillte sie los. „Ja fein Vana, wünsch Dir was!“, stieg mein Herrchen mit ein. Ich hatte den Kerl mit Bart und Mütze angeblickt und meiner Spürnase für den hervorragenden Instinkt gedankt. Und dann kam der nächste. Und noch einer. Und schon wieder. Ich fühlte mich schon völlig betrogen. Dann kam die Angst: Die kommen alle in unser Familienkörbchen! All mein Futter werde ich teilen müssen, mit einem Rudel Weihnachtsmänner! Warum feiern die das hier alle? Die ganze Stadt scheint beteiligt zu sein – überall Leuchtedinger und Sternchen. Ich blinzele zu Herrchen und Frauchen hoch. „Die sind nicht echt, der echte kommt doch erst am 24. Dezember.“ Frauchen zwinkert mir zu. Als sei das was Gutes! All meine Hoffnung zerstört! „Und bis dahin kannst Du Dir ganz viele Knochen von ihm wünschen“, fügt Herrchen hinzu. Damit ändert der Gute meine Perspektive. Offenbar muss ich das neue Rudelmitglied gar nicht für mich einnehmen – er bringt Leckerlis ganz von selbst mit. Man darf sich sogar welche von ihm wünschen. Wie mache ich das? Woher weiß er, welche Geschmacksrichtung ist haben möchte? Ich muss es ihm vorbellen? Aber wie und wo? Ich bin lieber vorbereitet auf Besuch. Zeit zum Schnüffeln!

 

 

4. Tag

Er wohnt am Nordpol! Der Weihnachtsmann, er wohnt am Nordpol! Das habe ich heute erfahren. Ich verfolge Frauchen und Herrchen auf Schritt und Tritt, ich muss ja Hinweise sammeln. Leider kann ich mit diesen nicht so wirklich viel anfangen. Nordpol habe ich noch nie gehört und bin mir nicht sicher, ob ich diesen bei uns in der Nähe finde. „Weit weg“, lautete das Urteil, dass ich in einer Fernsehserie über den Mann mitbekommen habe. Er scheint sehr berühmt zu sein – viele Filme handeln von ihm. Weit weg? Wo soll das sein? Meine erste Idee ist das komische große Buch, das mein Frauchen mit den Worten „mein Atlas von damals, den behalte ich, darin kann man so viele Orte nachschauen“ ins Regal gestellt hatte. „Schatz, das kannst Du auch mit der tollen Erfindung namens Internet“, hatte Herrchen vor sich hingemurmelt und gelacht. Sie hatte ihn daraufhin so angeschaut, wie mich, wenn ich etwas ausgefressen habe. Tja, Kinder und Welpen, was soll ich sagen: Ich habe den Atlas in die Pfoten bekommen. Leider habe ich versehentlich Grönland gefressen. Ich konnte nichts dafür, es ist einfach passiert. Ich wusste gar nicht, welche Landschaften ich da bei meiner Suche verschluckt hatte, bis Frauchen mich anherrschte. Sie schien nicht so richtig glücklich über meine Ermittlungen zu sein. Da habe ich dann erfahren, welches Fleckchen Erde den ewigen Gang der Leckerlis erlebt. Mit großen Hundeaugen habe ich sie daraufhin angeschaut. Und zack- alles wieder gut! Frauchen ist viel zu leicht zu beeinflussen; nicht, dass ich das ausnutzen würde! Allerdings entreißt man mir den Atlas daraufhin aus meinen Hundepfoten und selbst ein Jaulen bringt ihn mir nicht zurück. Meine Suche nach dem Weihnachtsmann scheint an diesem Tag ebenso verloren wie die Karte Grönlands.

 

 

5. Tag

Ich möchte nicht andeuten, dass Herrchen und Frauchen verrückt geworden sind, aber sie putzen Schuhe für den Nikolaus. Was wiederum mich verrückt macht! Neben all den Weihnachtsmännern, bei denen ich mir noch immer nicht sicher bin, wie viele von denen hier bald einziehen, warum und wie ich denen begreiflich mache, welche geschmacklichen Vorlieben ich so pflege (das hat bei Frauchen und Herrchen schon lang genug gedauert…), hatte ich nicht auf dem Schirm, dass da auch noch andere Personen im Vorwege ihr Plätzchen markieren. „Einen roten Mantel und eine rote Mütze trägt er, wie der Weihnachtsmann“, hatte Frauchen erklärt. Sie meint das gut, wirklich. Leider ist sie nicht sonderlich helle, wenn es darum geht, die Welt aus Hundeaugen zu betrachten. Farben bringen mir in den Beschreibungen leider nicht so richtig viel und die Beschreibung auf „Mantel und Mütze“ herunter zu brechen, bringt mich so ziemlich zu jeder Person, die ich aktuell auf der Straße beschnuppern und ankläffen kann. Das macht es umso schwerer. Dabei hatte ich vom Nikolaus auch schon vage etwas gehört, aber so richtig Kontakt hatte ich irgendwie nie. Ich bin schon völlig missmutig, als Frauchen auf einmal einen großen Socken nimmt und an die Tür hängt. „Der ist für Dich, Vana. Dann bringt der Nikolaus Dir auch etwas Schönes.“ Der Nikolaus hat also auch Leckerchen? Wahnsinn! Aber was, wenn er nicht die richtigen hat? Ich fresse doch nicht alles…Ohje und bis morgen werde ich ihn niemals finden können. „Das wird eine tolle Überraschung!“, tänzelt Frauchen wieder ins Familienkörbchen und bringt es damit auf den Punkt. Ich sehe zu der großen Socke hinauf, in die ein kleiner Hund wie ich vermutlich selbst hineinpassen würde. Warum mache ich mir eigentlich so hundsmiserable Sorgen? Das sind doch bisher alles sehr gute Neuigkeiten und mit allem, was ich noch nicht weiß, werde ich kleine Superspürnase schon fertig. Na dann, lasset den Nikolaus mal kommen – ich bin bereit für etwas von Frauchens „Festtagsstimmung“.

 

 

6. Tag

Was soll ich sagen, verehrte Kinder und Welpen? Der Nikolaus hat eine wahnsinnig feine Hundenase. Genau das, was ich gerne mag hat er gebracht. Und nicht mal mein Körbchen muss ich eifersüchtiges Fellknäuel mit ihm teilen. Ich finde es fast schon schade, dass er nicht geblieben ist. Verknurrt hätte ich ihn bei der vollen Socke voller Knochen und Knabberstangen ganz bestimmt nicht. Im Gegenteil, der Mann bringt mehr mit als Herrchen vom so genannten „Supermarkt“. Der Nikolaus hat also quasi Zugang zu einem Mega-Super-Markt! Während ich meine Kaustange genieße, überlege ich, wie toll dann erst Weihnachten sein muss. Der Weihnachtsmann ist doch ein Freund vom Nikolaus, das heißt, der weiß also auch, was er mitbringen soll. Unter dem Baum werde ich das angeblich finden, das habe ich schon herausgehört. Perfekt, so klein wie ich bin, passe ich da locker drunter. „Dieses Jahr müssen wir auf den Nikolaus-Besuch dann wohl leider verzichten. Vielleicht lernst Du ihn ja nächstes Jahr kennen“, unterbricht mein Herrchen den Gedankengang mit einem Augenzwinkern. Wie? Macht er das nicht immer so, dass er dann wieder geht, nachdem er „all die guten Gaben“ (mein Frauchen benutzt diesen Ausdruck mittlerweile häufiger als meinen Namen) verteilt hat? „Statt auf Dein Wunder am 6. Dezember zu warten, könnte ich Dir auch irgendwann einen hierherbestellen“, lacht mein Frauchen. „Im nächsten Jahr lasse ich den dann extra für Dich und Vana eintreffen“, fügt sie hinzu. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Man kann den kaufen? Ist das dann so eine Version wie die Weihnachtsmänner auf der Straße? Oder kann man etwa den Nikolaus adoptieren? Nehmen wir den dann für einen Tag hier auf? Was soll das? Warum verwirren die beiden mich denn so? Ich belle einmal, um mich zu beschweren, werde aber nur ausgelacht und als niedlich betitelt. Verflixt! „Schon gut, Vana, also kein Nikolaus!“, stimmt mein Herrchen ein und nimmt mich auf den Arm. Und damit weg von meiner Kaustange. Ach, was ist das manchmal schwierig mit den Menschen.

 

 

7 Tag.

Sie konnten es nicht lassen und haben sich noch weiter über Nikoläuse und Weihnachtsmänner unterhalten und nun bin ich wieder etwas mehr im Bilde. Es scheint jeweils einen echten und ganz viele Schauspieler zu geben, wie in den Filmen von meinem Frauchen. So langsam versehe ich immer mehr, wenn ich meine großen Ohren aufstelle und gut spitze. Was mich jedoch etwas beunruhigt, war Frauchens Kommentar zu Knecht Ruprecht. Statt Leckerchen und Geschenken hat er wohl bloß eine Rute. Sie sagte das, als sei das etwas schlechtes, dabei habe ich doch auch eine Rute. Das habe ich gelernt, als der Tierarzt einmal auf mein Hundeschwänzchen zeigte und es so bezeichnete. Frauchen jedoch sprach von der Rute, als sei das eine Strafe. Macht das meinen Haarschweif dann etwa auch zur Strafe? Wie furchtbar! Da wird einem ja direkt hundeelend. Dann jedoch fing sie von etwas an, das so klang, als sei die Rute ein Stab. Vielleicht ein großes Stöckchen? Aber wer hat denn schon etwas gegen ein gutes Stöckchen einzuwenden? Das kann man ganz wunderbar herumtragen, daran nagen und meistens riecht es so gut nach Wald und Wiese. Knecht Ruprecht aber scheint mir dieses Stöckchen, das so heißt wie mein Körperteil, nächstes Jahr zu bringen, wenn ich wieder nicht stubenrein bin. So wie heute Morgen, da wurde mir das nämlich angedroht. Was ich dabei immer noch nicht verstehe, ist, woher Frauchen all die Männer kennt, die entweder Geschenke oder unheilvolle Stöckchen mitbringen, nie bleiben aber offensichtlich gut genug mit ihr befreundet sind, um zuverlässig jedes Jahr zurückzukehren. Die gleichen Freunde, von denen ich zum Teil ganz vage in meinem alten Zuhause schon einmal etwas gehört hatte, was unter Hundegebell letztlich untergegangen war. Überall scheinen Freunde von diesen Nikoläusen, Weihnachtsmännern und Co. zu existieren. Sie tragen sogar ein Stückchen Wald ins Familienkörbchen und hängen weitere Leuchtedinger daran (ebenso hässlich, wie die im Fenster – mein Frauchen braucht da dringend Beratung). Und mein Herrchen macht all das auch noch ganz vergnügt mit (oder lacht über „die kitschige Ader“ von Frauchen, nur um dann selbst ein komisches rundes Teil mit Kerzen aufzustellen und den „Adventskranz“ anzuzünden). Ich möchte so gern Antworten auf all meine Fragen finden. Und ich möchte so gern nochmal so schöne Leckerchen an Weihnachten bekommen, wie am Nikolaustag. Ich möchte kein böses Stöckchen namens Rute haben. Doch vor allem möchte ich eins: Egal wie lieb und toll der Weihnachtsmann ist, ich möchte mein Familienkörbchen mit Herrchen und Frauchen auf keinen Fall mit ihm teilen müssen.

 

8. Tag

Zur Verteidigung meines Sofa-Platzes habe ich in den Angriffsmodus gewechselt. Der Weihnachtsmann scheint einer von den Guten zu sein, doch ich möchte das Geheimnis um ihn und die anderen endlich lüften. Bisher habe ich nur Bekanntschaft mit all den Hochstaplern gemacht, die sich für ihn ausgeben. Aus Gesprächen habe ich schon mitbekommen, dass Herrchen und Frauchen (zumindest in diesem Jahr) nicht beabsichtigen, von denen einen zu uns ins Familienkörbchen einzuladen. Der richtige Weihnachtsmann wird aber weiterhin als fest eingeplanter Besucher angekündigt und ich möchte wissen, was das bedeutet. Nachdem der Nikolaus sich als eher scheu erwiesen hat und Knecht Ruprecht bisher bloß als undatierte Drohung in der Luft schwebte, wenn es um meine Missetaten ging und ich bei beiden keine Chance hatte, sie kennenzulernen, möchte ich beim Weihnachtsmann alles richtig machen. Zumal ich noch immer nicht weiß, ob er, wie der Nikolaus, gleich wieder geht. Von drei Tagen sprach mein Herrchen neulich und das klingt doch schon nach einer ganz anderen Hundehüttennummer. Außerdem scheint er über einen Zugang zu guten Futterquellen zu verfügen, wie ich das so herausschnuppern kann. Zudem noch der Pluspunkt, dass er den Nikolaus kennt, der sein Können dabei bereits bewiesen hat. Wenn ich also den Weihnachtsmann finde, kann ich ihn ausspionieren, die Alleinherrschaft über die Fürsorge von Herrchen und Frauchen retten und bekomme sogar noch etwas Gutes zu fressen. Was für tolle Aussichten! Ich bin daher kurzerhand ausgebrochen. Flink wie so ein Chihuahua eben ist, ist mir das gar nicht schwergefallen. Schneller bin ich im Zweifel außerdem auch. Ich habe also gewartet, bis mir im Hausflur, einige Treppen von unserem Familienkörbchen entfernt, die Leine entfernt wurde. Dann habe ich einen guten Moment abgepasst, als jemand aus einem anderen Familienkörbchen in dem Haus die große Tür zur Freiheit aufgemacht hat und zack – weg war ich. Zum Entsetzen von Herrchen und Frauchen, die völlig schockiert meinen Namen in Verbindung mit Worten wie „Stopp!“ „Nein!“ und „Du dumme Nuss, komm zurück!“ riefen. Wenn ich doch bloß nicht so ängstlich wäre in solch vielen Situationen! Was für ein Dilemma – außerdem weiß ich noch gar nicht, wo ich überhaupt suchen soll. Ich laufe also meinen Spazierweg ab und versuche links und rechts zu schnüffeln, doch ich finde nichts. Auf einmal sehe ich vor mir einen großen Hund. Er hat eine Leine, scheint von der Tatsache, dass ich mich in seiner Nähe aufhalte aber nicht so richtig begeistert zu sein. Ich habe ihn vor lauter Angst, nun auf mich alleingestellt zu sein, gar nicht bemerkt. Schnell wechsle ich die Richtung und höre neben mir die quietschenden Reifen eines Autos. Bloß weg hier! Ich setze gerade dazu an, loszurennen, als sich plötzlich meine kurzen Beinchen in der Luft weiterbewegen. „Mach das nie wieder, Vana“, droht Herrchen mit tiefer Stimme und Frauchen streichelt mir über den Kopf und fügt ernst hinzu „Du böser kleiner Hund“. Etwas widersprüchlich benehmen die beiden sich, während sie mich kuscheln und an sich drücken. Sie schimpfen und erklären mir, wie lieb sie mich haben. Ich habe sie doch auch lieb! Wissen sie das denn nicht? Mit einem Hundeschmatzer ins Gesicht beweise ich ihnen das schnell – stößt aber auch nicht so richtig auf Gegenliebe letztlich. Als wir zuhause ankommen, werde ich vorsichtig in mein kleines Körbchen in unserem großen Familienkörbchen gesetzt. Da kann ich nun ganz wunderbar die Pfoten ausstrecken. Für heute war es das mit meiner Suche nach dem Weihnachtsmann. Ich bin hundemüde – wuff!

 

 

9. Tag

Nach meinem gestrigen Alleingang lässt Frauchen mich bei den heutigen Spaziergängen nicht mehr aus den Augen. Immer wieder warnte sie schon im Hausflur, ich solle nicht loslaufen, als sie mir mein Mäntelchen anzog. Ich trage es, weil ich sonst unentwegt zittere (und sie diesen Wink, dass mir einfach zu kalt ist zum Glück recht schnell verstanden hatte). Ganz brav laufe ich nebenher und höre sie irgendwann sagen: „Wenn Du so lieb bist, dann sieht das der Weihnachtsmann und bringt Dir wohl doch etwas.“ Ein neuer Hinweis! Einer, der mich ihm allerdings kein Pfotenschrittchen näher bringt leider. Ich versuche schon, auf der Straße etwas besser zu den anderen Hunden zu gelangen, um sie fragen zu können, was genau es mit dem Weihnachtsmann auf sich hat. Leider klappt das nicht sonderlich gut. Frauchen will bei der Kälte einfach zu schnell weiter oder andere Hundemenschen ziehen an der Leine und lassen uns nicht zueinander. Wenn wir es dann doch schaffen, habe ich meist kein Glück mit meiner Auswahl. Da war zum Beispiel ein freundlich aussehender Labrador, der sich aber als sehr arrogant erwies. „Weihnachtsmann. Pah, nimm die Knochen, die es zu dieser Zeit mehr gibt und lass gut sein, Chihuahua. Lass es Dir von mir gebellt sein.“ Meine Antwort wartete er gar nicht ab und ließ mich damit wortwörtlich im Regen stehen. Es schüttete tatsächlich. Frauchen und ich sahen beide zum Himmel hinauf, wie das eingespielte Team, das wir mit meinem Herrchen zusammen eben auch sind. „Hmm, kein schönes Festtagswetter. Vielleicht bekommen wir ja noch Schnee. Kennst Du Schnee, Vana?“ Ich sehe sie aus großen Augen an und würde so gern „Ja, ja den kenne ich!“, antworten, weiß aber, dass sie es nicht verstehen wird. Wobei, einen Versuch ist es wert. Ich will gerade zu einem Bellen ansetzen, als Frauchen schon weiterzieht und mich hinterherruft. Dabei sinniert sie weiter über das Wetter und scheint gar nicht zu merken, dass sie wie eine Verrückte laut vor sich hin philosophiert. Aber ich liebe das! Frauchen und Herrchen erzählen mir immer, was in ihrem Leben so vor sich geht und worüber sie nachdenken. Eben wie in einem guten Team! Ich würde ihnen so gerne auch mehr mitteilen können, aber Hundegebell verstehen sie nur mäßig und deuten vieles falsch. Aber sie tun ihr Bestes! Wir laufen weiter und ich sehe im Schaufenster überall Leuchtedinger und Puppen, die kleine Weihnachtsmänner zu sein scheinen, wenn ich das aus all dem Gerede über ihn recht deute. Täglich scheint mehr hinzuzukommen und ich muss zugeben, es sieht wirklich ganz hübsch aus. Nicht jeder dekoriert so schlecht wie mein Frauchen. Vielleicht kann ich dieser Zeit, trotz all der Ungewissheit über den Weihnachtsmann, ja doch sehr viel abgewinnen.

 

 

10. Tag

Ich nehme alles zurück! Gestern fand ich die Weihnachtsmann-Puppen noch festlich, aber da war auch Glas zwischen uns. Heute hat mein Frauchen einige davon aufgestellt (wo nimmt sie den Kram immer her?) und ich muss sagen: Fürchterlich ist das! Neben den Rentieren (mittlerweile weiß ich, dass das die Viecher mit den Hörnern sind), hat sie auch von den Puppen vielerlei auf Lager, die mich quer durch unser Familienkörbchen anstarren. Und so wie die Rentiere, sind auch die Weihnachtsmänner meist größer als ich. Als kleiner Hund hat man es hier wirklich nicht leicht. Ich gehe die Treppe hinauf und zack – da lauert der erste und schaut bedrohlich auf mich herab. Viel schlimmer als dieser Versionen ist aber die, die mein Frauchen zuletzt noch ausgepackt hat: Der tanzende Weihnachtsmann. Dieses tanzwütige Ungeheuer bewegt die Hüften und trällert eines dieser Lieder, die hier ohnehin schon viel zu häufig laufen und in meinen großen Hundeohren ganz schrecklich klingen. Und während der Weihnachtsmann hin und her schunkelt, wie Herrchen beim letzten Fest, versuche ich mich in Sicherheit zu bringen. Kurzzeitig dachte ich sogar, ich habe in diesem Wesen den echten Weihnachtsmann gefunden, als er zum Leben erwachte. Dann aber wurde mir klar, dass hier nur böse Scherze vorgezeigt werden, über die ich nicht belustigt kläffen kann. Verstört starre ich Frauchen an, dann wieder das Weihnachtsmann-Double im Mini-Format. Schließlich versteht, sie, worauf ich hinauswill. Die kleine große Tanzmaus muss daraufhin zwar nicht gänzlich verschwinden, wird aber zumindest an einen Ort verbannt, an dem ich nicht ständig vorbei muss. Damit kann ich dann zumindest halbwegs leben und lecke Frauchen dankbar über die Hand. Sie lacht. Offenbar nimmt sie meine Dekorationskrise nicht angemessen ernst. Dabei hat sie solche selbst oft, wenn das auch meist nicht das gleiche ist wie bei mir. Nun ja, für heute nehme ich das erst mal so hin. Nach dem Weihnachtsmann suche ich an diesem Tag zumindest nicht mehr – mir hat gereicht, was ich verbellen musste. Morgen ist immerhin auch noch ein Tag!

 

11. Tag

Frauchen scheint sich mittlerweile mit Kerzen, Figuren und Lichterketten (endlich habe ich auch das Wort für die Leuchtedinger herausgefunden) genug ausgetobt zu haben. Jedenfalls sagt sie das, als sie das Licht am Weihnachtsbaum (noch so ein tolles Wort, das ich gelernt habe) einschaltet und sich genüsslich im Familienkörbchen umsieht. Mit glänzenden Augen nimmt sie mich auf den Arm und führt mich herum. Sie ist so stolz! Wenn man sich umsieht, gibt es zwar nicht ganz so viel Grund dazu, aber ihre Freude ist ansteckend und so belle ich einmal vergnügt und sehe sie an. Das mag ich an Weihnachten. Irgendwie ist es eine ganz andere Stimmung bei Frauchen und Herrchen. Sie erfreuen sich an so vielem. Abends öffnet Herrchen zum Beispiel immer eines der kleinen Tütchen, die Frauchen ihm um den bunt geschmückten Baum gestellt hat. Dann freut er sich und bedankt sich bei ihr für den „Adventskalender“. Ich mag das, diese Freude über die kleinen Sachen und die Freude bei Frauchen, wenn sie ihm dabei zusieht. Sie ist aufgeregter als er! Wenn ich so recht darüber nachdenke, dann ist die Suche nach dem Weihnachtsmann so etwas wie mein persönlicher kleiner Adventskalender geworden. Jeden Tag etwas Neues zu entdecken, ein hinzugekommener Hinweis oder etwas, dass mir das Ganze weiter versüßt. Das bedeutet für mich die Weihnachtszeit.

 

 

12. Tag

Heute habe ich Lischa und Ben getroffen. Die beiden Hunde in Frauchens Familie sehe ich ganz häufig und mag sie furchtbar gerne, auch wenn ich sie durch ein Knurren hin und wieder zurecht weisen muss, weil sie so stürmisch sind. So auch dieses Mal! Und direkt bekomme ich dafür eins auf den Deckel, weil ich schon fünf Minuten, nachdem wir uns begegnen kurz Zähnchen zeige. Dabei nehmen Ben und Lischa das gar nicht so böse – wenn Frauchen uns doch bloß verstehen könnte, denn wir wiederum verstehen uns sehr gut. Die beiden erzählen mir, was in dem großen Garten, in dem sie regieren, in letzter Zeit so los war. Auch ich berichte dann von meinem wunderbaren Hundeleben und komme schließlich auf Weihnachten zu sprechen. Die beiden fangen sofort an, aufgeregt auf und ab zu tänzeln. „Zu Weihnachten gibt es supertolle Knochen“, bellt Ben begeistert und springt in die Luft vor Glück. „Wir freuen uns schon sehr“, gibt auch Lischa zu, hüpft dabei aber nicht ganz so hoch in die Luft wie Benni. „Und der Weihnachtsmann?“, gebe ich zu bedenken. „Wann kommt der und wie lange bleibt der dann?“ Die beiden schauen mich irritiert an. „Der bleibt doch nicht da!“, meint Lischa. Ben fügt dann noch hinzu: „Ich habe bloß von einem Mops mal gehört, dass sein Frauchen einen Schauspieler dort hatte, es stellte sich aber recht schnell heraus, dass er ein solcher war. Der Mops versteht die Menschen sehr gut.“ „Ja, davon habe ich auch gehört“, werfe ich ein. „Aber was ist mit dem echten?“ „Der kommt bloß her, wenn alle schlafen, legt Geschenke unter den Baum und einen guten Knochen für Dich und verschwindet dann wieder“, antwortet Lischa. „Das ist ja gerade das mysteriöse an ihm, das alle so fasziniert: Das ihn keiner so recht kennt!“, meint Ben. „Ja und dann kommt noch hinzu, dass die Menschen sich ja auch untereinander etwas schenken und vielleicht auch für Dich noch etwas haben“, kläfft Lischa. Ich schaue sie verdutzt an. „Manchmal kann ich gar nicht recht auseinanderhalten, was alles vom Weihnachtsmann und was alles von den Menschen ist. Aber es ist ganz wunderbar“, gibt Benni zu. „Was?“, belle ich. „Da beschenkt jeder jeden?“ Ben und Lischa geben mir mit einem zustimmenden Schwanzwedeln zu verstehen, dass ich richtig liege. Was für eine Flut an neuen Hinweisen. Ich weiß noch gar nicht, wie mein kleines Hundeköpfchen all das verarbeiten soll. Bevor ich jedoch noch weiter nachbohren kann, muss ich mich schon wieder verabschieden, denn Frauchen möchte sich auf den Weg machen. Ich stimme ein fröhliches Abschieds-wuff-wuff an und freue mich jetzt schon auf das Wiedersehen.

 

 

13. Tag

Was soll ich bloß tun? Nachdem ich all die neuen Weihnachts-Infos nochmal gründlich durchdacht habe, ist mir etwas aufgefallen: Vorher dachte ich, der Weihnachtsmann allein beschenke alle Menschen und Tiere, so wie der Nikolaus es auch getan hatte. Zumindest nahm ich das an. Leider hatte ich nicht mitbekommen, ob auch Frauchen und Herrchen sich an Nikolaus etwas gegenseitig geschenkt hatten oder ob auch ein Geschenk von ihnen für mich dabei war. Ich hatte einfach angenommen, all das sei das Werk vom Nikolaus allein gewesen. Doch nun weiß ich, dass zumindest der Weihnachtsmann zwar Geschenke unter den Baum legt, die Menschen sich häufig aber auch noch gegenseitig beschenken. Vor allem weiß ich aber, dass sie wohl auch etwas für mich haben werden! Das sind tolle Nachrichten, stellt mich aber vor eine neue Herausforderung: Was schenke ich denn ihnen? Ich habe doch gar nichts für Herrchen und Frauchen und dabei tun sie doch schon so viel für mich. Sicherlich werden sie ganz enttäuscht sein, wenn sie dann nichts bekommen. Selbst Katzen, diese eigensinnigen Viecher beschenken ihre Herrchen und Frauchen hin und wieder. Nun ja, sei dahingestellt wie super so eine leblose Maus oder ein nicht mehr ganz so flugfähiger Vogel ist, aber sie geben sich immerhin Mühe. Aber ich habe nie etwas für Herrchen und Frauchen und nun soll es auch noch ein Fest geben, bei dem alle sich etwas schenken! Ich würde so gern Lischa und Ben fragen, wie sie das machen, weiß aber nicht, wie schnell ich sie wiedersehe. Gestern hatte die Zeit leider nicht mehr gereicht, um sie das noch zu fragen. Was soll ich bloß tun? Ich beschließe, die Zeit bis Weihnachten fortan anders zu nutzen. Statt weiterhin nach dem Weihnachtsmann zu suchen (zu dem so viele Fragen nun ohnehin für mich beantwortet sind), kann ich diese wertvollen Stunden auch für die Suche nach einem Geschenk für Herrchen und Frauchen verwenden. Mir muss nur noch einfallen, was ich schenken kann. Aber das kann doch nicht so unendlich schwierig sein, oder?

 

 

14. Tag.

Es ist ein Desaster! Diese Geschenke-Sache ist so unendlich schwer, fast schwieriger als aus meinem Spielzeugball mit dem Loch darin die Leckerlis zu bekommen. Und das ist schon wirklich eine Herausforderung (die Frauchen und Herrchen übrigens gründlich unterschätzen, so belustigt wie sie mir dabei immer zusehen). Ich habe versucht, Herrchen und Frauchen zu belauschen, um herauszubekommen, worüber sie sich freuen. Aber das ist alles viel zu schwierig. Frauchen zum Beispiel sprach von „Parfüm“, während sie mit ihrem Fläschchen mit einer künstlich riechenden Flüssigkeit herumwedelte. Ich mag den Geruch nicht – da ist deutlich zu wenig Dreck und Wiese enthalten für meinen Geschmack. Sie hingegen liebt dieses Zeug, ebenso wie Herrchen, der auch ein solches Parfüm besitzt. Beide zusammen verwirren meine Hundenase dann völlig. Und wenn dann noch Frauchens so genannten „Duftkerzen“ zum Einsatz kommen, möchte ich am liebsten die Flucht ergreifen. Aber sie wünschen es sich nun mal! Und ich schenke ihnen nie etwas, aber sie mir doch immer. Warum muss so etwas auch so schwierig sein? Kann der Weihnachtsmann das Schenken nicht für uns alle übernehmen? Müssen wir mitmachen? So viele Fragen, aber vor allem rattert es in meinen Gedanken: Wo bekomme ich Parfüm her?

 

 

15. Tag

Beim Versuch, herauszufinden, welches Parfüm ich brauche, um es dann zu finden, sind zwei ganz hundsmiserable Geschehnisse vorgekommen heute: Erstens, ich habe mich in verschiedenen Gerüchen draußen gewälzt um zu testen, welchen Frauchen und Herrchen gerne mögen. Ergebnis: Ich musste baden. Zweitens, ich habe versucht an die Parfümfläschchen zu gelangen, um sie unter die Lupe zu nehmen. Ergebnis: Sie sind kaputt. Und ich musste nochmal baden. Eine einzige Katastrophe, nun verstehe ich auch, warum die Menschen ständig von „Weihnachtsstress“ sprechen. Herrje, wie soll ich das bloß machen? Später am Abend sitze ich mit Herrchen und Frauchen auf dem Sofa. Ich schnuppere ausgiebig, ob ich darüber noch den richtigen Duft für das Parfüm finde. Leider nichts zu machen, meine feine Hundenase kann zwar sehr viel, aber hierfür ist sie nun wirklich nicht gemacht. Dabei muss ich jetzt nicht nur ein Weihnachtsgeschenk finden, sondern im Grunde noch das wieder gut machen, was ich zerstört habe. Ich bin ganz betrübt und verziehe mich in mein Hundekörbchen. Herrchen und Frauchen fällt das direkt auf. „Was ist denn mit Vana los? Sie lässt den Kopf so hängen“, sagt mein Herrchen und Frauchen zuckt mit den Schultern und sieht mich an. „Komm wieder her, Vana“, meint sie und klopft auf den Platz neben sich auf dem Sofa. Aber mir ist nicht danach. Ich sehe kurz hoch und lasse den Kopf dann wieder in mein Hundebettchen sinken. Ich brauche Ruhe um nachzudenken. Ich brauche einen Plan – einen richtig guten Plan!

 

 

16. Tag

Mein Plan ist gescheitert. Ich wollte so gern etwas Hübsches von draußen mitbringen, aber da war nichts zu machen. Jedes gute Stöckchen, was ich gesehen habe und eine Zeit auf dem Spazierweg extra mitgetragen hatte, musste ich später wieder abgeben. Vielleicht wäre ein Stöckchen aber auch keine gute Wahl gewesen, denke ich. Immerhin erinnert es möglicherweise an Knecht Ruprecht! Wobei es von ihm ja nur böse Stöckchen gibt und von mir gute Stöckchen, aber wer weiß ob Herrchen und Frauchen Kenner genug sind, um überhaupt den Unterschied auszumachen. Aber was mache ich jetzt nur mit meinem Plan? So gern wollte ich etwas Tolles draußen aussuchen. Es wäre dann eine Erinnerung an all unsere Spazierwege, die ich so gern habe. Doch da war nichts zu machen. Also schaue ich mich nun in der Wohnung um. Bisher bin ich noch nicht fündig geworden, aber das kann ich ja vielleicht noch ändern.

 

 

17. Tag

Es ist keine gute Idee, in Schränken nach Hinweisen zu suchen. In Frauchens Schmuck ist das übrigens auch keine Glanzleistung – im wahrsten Sinne des Wortes. Alles habe ich durchsucht. Was kann ich auch dafür, wenn Herrchen und Frauchen Schrank und Kommode in halb offenem Zustand dem kleinen Chihuahua überlassen? Ich wollte doch bloß wissen, was sie mögen. Vielleicht bekomme ich dann ja eine ganz tolle Idee. Leider war das nicht der Fall. Stattdessen scheine ich irgendwie Herrchens Hemd in nicht so tadellosem Zustand hinterlassen zu haben und Frauchen krabbelt noch immer quer durchs Schlafzimmer und sortiert Ohrringe, bzw. sucht sie erst einmal, um überhaupt etwas sortieren zu können. „Vana! Was ist bloß los mit Dir? Parfüm, Hemden, Schmuck – warum kannst Du unsere Sachen nicht in Frieden lassen? Das machst Du doch sonst nicht! Der Dezember hat mit meinem Atlas ja schon schlecht angefangen.“ Achjaaa, Grönland. Die Karte schmeckte gar nicht so schlecht. Ich lecke mir genüsslich mein Schnäuzchen, bis mir auffällt, wie taktlos das ist, wenn Frauchen mir gerade eine Ansage macht. Also schaue ich schnell wieder ganz mitgenommen drein, sodass sie nicht böse sein kann. Erst funktioniert das nicht ganz so gut, dann aber klappt es. Und letztlich muss ich einen dieser Weihnachtsfilme auf dem Sofa über mich ergehen lassen, nachdem aller Schmuck wieder an Ort und Stelle ist. Das Hemd hat währenddessen den Gang des Vergänglichen angetreten. Aber was macht das schon – immerhin ist Recherche ja auch harte Arbeit. Dann aber überkommt mich eine Welle der Schuldgefühle, wie ich sie nach der Parfüm-Attacke schon einmal hatte. Immerhin war mein Ziel nicht, Herrchen und Frauchen zu verärgern, sondern ihnen eine Freude zu machen. Ich kuschele mich an mein Frauchen und schließe die Augen. Vielleicht kommt mir in meinen kleinen Hundeträumen ja noch eine tolle Idee.

 

 

18. Tag

Ich bin heute wirklich sehr abgelenkt von meiner Mission der Weihnachtsüberraschungen. Frauchen backt Kekse und Herrchen und ich helfen dabei ganz wunderbar. Ich würde sagen, ich helfe sogar fast am besten. Alles, was an Teig und Krümeln daneben geht, vernichte ich auf der Stelle. Da wird dieses furchtbar laute Gerät namens „Staubsauger“ gar nicht mehr benötigt. Das ist auch besser so! Wobei ich sagen muss, dass der Staubsauger hier wirklich etwas verpasst. Es duftet und schmeckt so herrlich und als Herrchen dann erwähnt, dass es nach Weihnachten riecht, da fühle ich Weihnachten wirklich durch und durch. Ich lecke mir glücklich etwas Teig von der Nase (den ich eigentlich gar nicht naschen darf, aber was kann ich dafür, dass mein Frauchen so ungeschickt ist?). Was für ein schöner Tag!

 

 

19. Tag

Mein Herrchen hat heute Geburtstag! Das bedeutet: Kuchenkrümel! Und in der Tat, nach meinem gestrigen, glückseligen Hunde-Kekse-Himmel ist es heute fast noch besser. Ich bekomme sogar mal ein Stückchen von dem „trockenen Kuchen“ (warum nennt Frauchen den so, der ist doch wunderbar saftig). Zwischenzeitlich versuche ich mich darauf zu besinnen, weiter an meiner Weihnachtsüberraschung zu arbeiten. Vor lauter Schmuck von Weihnachten und Geburtstag zusammen bin ich jedoch immer wieder dabei, von meiner Aufgabe abzuweichen. Allerdings machen Herrchen und Frauchen es mir auch wirklich schwer! Immerhin muss ich doch erst einmal herausbekommen, was ich ihnen denn schenken kann. Mit all den geschlossenen Türen (ich war so unartig, dass jetzt alles zugezogen wird) ist das jedoch eine sehr vertrackte Situation. Eine „Wunschliste“ (noch so ein tolles Wort, das ich gelernt habe) kenne ich von den beiden auch nicht. Nun ja, selbst wenn ich sie haben würde: Könnte ich lesen, würde mir vermutlich schon die gesamte Hundeschaft mit all ihren Rudeln zu Füßen liegen. Also nein, lesen ist keine Option. Und so zieht der Tag an mir vorbei.

 

 

20. Tag

Kennt ihr „Weihnachtskarten“? Ich jetzt schon. Frauchen schreibt gerade einige davon und klebt kleine lustige Schnipsel auf einen Bogen Papier, schneidet irgendetwas zurecht, malt darauf herum und beweist in meinen Augen dabei gekonnter denn je ihre Geschmacklosigkeit in Bezug auf Deko und Co. Natürlich hat sie in der Auswahl des Vierbeinigen Mitbewohners im Ausgleich dazu Unmengen an Geschmack gezeigt. Die Karten jedoch sind grauenhaft, so sehr wie sie sich darüber freut wecken sie jedoch meine Neugierde. Vielleicht sollte ich mir das mal genauer ansehen. Mit meinen Hundepfoten ist die Bastelei zwar keine wirkliche Möglichkeit, wenn ich allerdings so einen Bogen Papier in mein Mäulchen bekomme, irgendwie Kleber darauf und Glitzer darüber ist das doch schon wunderschön. Schöner als Frauchens Karten allemal. Ich schnappe mir unbemerkt also etwas kleineren Karton und kippe den Kleber darauf. Der hört jedoch nicht auf, auszulaufen, sodass ich irgendwann schon innerlich Alarmstufe rot vormerke. Schnell etwas Glitter darüber – vielleicht wird es dann besser! Als ich den Streuer mit den kleinen silbernen Steinchen umwerfe und alles durch die Wohnung kullert bleibe ich nicht mehr ganz so unbemerkt. Frauchen sieht hoch und kurz darauf huscht ihr erst jede Emotion über das Gesicht, die ich je an ihr gesehen habe. Letztlich bleibt sie bei absoluter Ausdruckslosigkeit stehen, bevor eine äußerst unweihnachtliche Hasstirade über mich hereinbricht. Ich streiche innerlich die Weihnachtskarte, ziehe mein Schwänzchen ein und begebe mich fluchtartig in mein Körbchen. Frauchen verbringt den Tag aber diesem Zeitpunkt mit Putzen, statt mit Kartenbasteln. Nun ja, den potenziellen Empfängern habe ich vielleicht einen Gefallen getan…

 

 

21. Tag

Heute gehe ich mit meinem Frauchen „shoppen“. Wir wollen die letzten Weihnachtsgeschenke für Freunde und Verwandte besorgen. Das ist die perfekte Gelegenheit, auch nach etwas für Herrchen und Frauchen Ausschau zu halten. Zuerst scheint es jedoch eher unspektakulär zu sein. Ich laufe mit Frauchen durch die vielen Gänge, begegne einigen Menschen und Hunden und hüte mich davor, niemandem zwischen den Füßen herumzulaufen, um am Ende nicht noch eines meiner kostbaren Pfötchen zerquetscht zu bekommen. Schließlich bleibt Frauchen selbst bei etwas stehen. „Was für ein hübscher Schal – schau mal Vana!“ sagt sie, ehe sie das große wollige Ungetüm zurücklegt und schon versucht ist, weiterzugehen. Hmm, damit hätte ich dann zumindest schon etwas für Frauchen, von dem ich weiß, dass sie sich freut. Doch wie bekomme ich es nach Hause? Frauchen hat erst ein, zwei geschlenderte Schritte gemacht, als ich mit einem Satz den Schal (der zum Glück in einem Regalfach etwas weiter unten liegt) vorsichtig zwischen meine Beißerchen bekomme. Nun gut, den Schal hab ich. Also ab nach Hause! Am besten irgendwie allein, Frauchen soll von der Überraschung ja nicht allzu viel mitbekommen. Den Plan (man könnte es auch als „Kurzschlussreaktion“ betiteln, noch so ein toller Ausdruck der Menschen) habe ich allerdings nicht ganz durchdacht. Ich nehme Tempo auf und sprinte in die andere Richtig. Frauchen, die von dem Ruck an der Leine mit einem Mal völlig aus dem Konzept gebracht wird, lässt los und sieht mir hinterher. Ich kann das noch aus einem Augenwinkel sehen, ehe ich den Blick wie gebannt nach vorn hefte und weiterrenne. Dann jedoch passiert eine Menge gleichzeitig. Ich verheddere mich in dem Schal, der für meine nicht ganz so hoch gebaute Statur etwas zu lang ist. Zusätzlich überschlage ich mich fast, weil die Leine mich plötzlich zurückzieht. Völlig umhüllt von mehreren Lagen Wolle kämpfe ich mir meinen Weg zurück an die frische Luft, als ich sehe, dass jemand auf der Leine steht. Mein Frauchen kommt angerannt. Wütend schimpft sie los, während sie sich parallel mit hochrotem Kopf bei allen umstehenden Personen für das Verhalten des „dummen Hundes“ entschuldigt und beteuert, dass sie sich das gar nicht erklären könne. Man wickelt mich aus meinem wolligen Problem und Frauchen ist weiterhin ziemlich wutentbrannt. Die Einkaufstour endet mit diesem Vorfall ziemlich rasant und die Stimmung ist am Boden. Das war es wohl – ich habe Weihnachten ruiniert!

 

 

22. Tag

Heute geschieht nicht sonderlich viel. Nach meiner „Pleiten, Pech und Pannen“-Aktion gestern, wurde ich heute dazu verbannt, zuhause zu bleiben, während Frauchen das erledigt, was sie eigentlich gestern tun wollte. Auch mit Herrchen ist nicht gut Kirschen essen. Es ist, als hätte Frauchen ihn mit der Wut und Verzweiflung über mein Verhalten angesteckt. Und da sitze ich nun und jaule vor mich hin, weil ich nicht allein sein möchte. Nicht mal mein Kuschelkörbchen inmitten des Familienkörbchens spendet mir mit seinem flauschigen Bezug sonderlich viel Trost. Aus trauen Hundeaugen sehe ich mich im leeren Familienkörbchen um und hoffe so sehr, dass ich es schaffe, Weihnachten zu retten.

 

 

23. Tag

Nun ja, so ganz gerettet ist die Stimmung noch nicht. Ich habe heute nochmal einen Versuch gestartet, etwas besser zu machen und wollte sogar meinen Knochen mit Frauchen und Herrchen teilen. Als ich ihn jedoch aufs Sofa brachte, vielen einzelne Teile von allem Nagen davon ab und er war zugegebenermaßen auch etwas nass von meiner Hundeschnauze. Frauchen und Herrchen jedenfalls erfreuten sich überhaupt nicht, stattdessen musste ich den Sofaplatz wieder räumen. Ich dachte schon, alles sei dahin mit meiner Idee, den beiden ein schönes Geschenk zu machen, damit gleichzeitig den Weihnachtsmann beim Schenken zu unterstützen und das Weihnachtsfest schöner zu machen denn je, als Frauchen noch etwas sagte: „Weißt Du Vana, alles was ich mir nach der irrsinnigen Adventszeit mit Dir wünsche, ist eine liebe Vana zu Weihnachten. Das wäre doch ein tolles Geschenk, meinst Du nicht?“ Wuff! Das ist großartig! Weihnachten kann kommen!

 

 

24. Tag

Endlich ist es soweit: Heute ist der 24. Dezember, von dem Frauchen und Herrchen schon so lange sprechen. Heute ist Weihnachten! Und tatsächlich war er da! Der Weihnachtsmann war da! Unter dem Baum liegen keine Adventskalender-Tütchen für mein Herrchen mehr, dafür aber bunt eingepackte Geschenke. Ob meines dieses Jahr wohl fehlt? Nachdem ich so unartig war, meinte Frauchen, könnte es sein, dass ich nicht nur nichts von Frauchen und Herrchen selbst, sondern auch nichts mehr vom Weihnachtsmann bekomme. Wie schade! Dafür habe ich aber etwas gut zu machen und so bin ich der mustergültigste kleine Weihnachts-Chihuahua, den diese Welt je gesehen hat. Beim Fressen versuche ich nichts vollzukleckern, beim Anziehen meines Mäntelchen mache ich immer gleich „Sitz“ und an der Leine gehe ich so wunderbar bei Fuß, wie noch nie in meinem Leben. Ich tue wirklich alles, um meinem Herrchen und meinem Frauchen ihren Weihnachtswunsch zu erfüllen. Frauchen wundert sich schon und meint, es sei, als hätte ich sie verstanden. Wenn Du wüsstest, meine Liebe! Und wie ich Dich verstanden habe! Es ist ein wunderbarer Tag, selbst wenn ich nichts von all dem guten Essen abbekomme, das so köstlich duftet. Nicht mal betteln darf ich, denn das macht ein braver Hund nicht. Aber es ist so friedlich und freundlich. Es liegt tatsächlich Weihnachten in der Luft. Als es schließlich dann Zeit ist für die Geschenke, herrscht allgemeine Begeisterung, gepaart mit glänzenden Augen und überschwänglichem Dank, egal ob untereinander oder an den Weihnachtsmann. Letzteren habe ich übrigens wirklich nicht gesehen, obwohl ich in der Nacht zuvor so sehr aufgepasst habe, wie ein guter Wachhund das eben macht. Wirklich mysteriös, dieser Weihnachtsmann. Aber ein Händchen für Geschenke scheint er zu haben, das muss ich ihm lassen. Alle sind so glücklich und erfreuen sich so sehr. Ich beobachte alles aus meinem Körbchen heraus, bis Herrchen und Frauchen schließlich auf mich zukommen. Zwei Knochen mit Schleifchen daran haben sie in der Hand. „Als hätte der Weihnachtsmann geahnt, dass Du es doch noch zu einem lieben Hund schaffst“, lacht Frauchen und legt mir den ersten Knochen hin. „Und das ist von uns – immerhin hast Du uns unseren Weihnachtswunsch ja auch erfüllt“, ergänzt mein Herrchen und ich bekomme auch den zweiten Knochen. Dankbar springe ich auf und ab und belle einmal freudig. Was für ein schönes Fest! Fröhliche Weihnachten!

Ende – wuff! 

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