Pferde leben in einem festen Sozialgefüge. Damit das funktioniert, braucht es wie in jeder sozialen Gruppe Regeln. Die Mitglieder müssen sich einschätzen können, es gibt feste Befugnisse, Aufgaben und darüber auch eine Rangordnung. Das sichert, dass es wenige Auseinandersetzungen in der Herde gibt, was nur unnötig Energie kostet. Eine einmal bestehende Rangordnung wird kaum wieder angefochten, es sei denn, die Ranghohen leisten sich, z.B. durch Krankheit oder Alter, dauerhaft größere Schwächen. Die Leittiere führen kompetent und souverän und werden darüber respektiert.

 

Meist stehen der Herde eine erfahrene Stute vor sowie ein so genannter Leithengst. Dazu kommen jüngere/rangniedere Stuten und Fohlen. Hengste wandern mit der Geschlechtsreife ab, bzw. werden vom Leithengst vertrieben. Stuten dagegen bleiben häufig bei ihrer Herde. Die jungen Hengste bilden zu Anfang gerne zusammen eine Kleingruppe. Dies gibt ihnen mehr Schutz vor Raubtieren und lässt sie in spielerischen Kämpfen für den Ernstfall üben: einen Leithengst zum Duell zu stellen und ihm so seine Herde abzunehmen. In einigen Fällen wandern auch junge Stuten mit einem neuen Hengst ab.

 

 

Oft gibt es eine klare Arbeitsteilung zwischen Leithengst und Leitstute. Die Leitstute führt, bestimmt die Richtung und was wann gemacht wird. Der Leithengst schützt bei Gefahr die Herde und sorgt vor allem dafür, dass kein anderer Hengst seine Position einnimmt. So übernimmt auch bei einer Flucht meist die Leitstute die Führung, während der Hengst die Nachhut bildet, die anderen Pferde antreibt und aufpasst, dass niemand verloren geht. Er ist auch derjenige, der sich im Notfall dem Kampf mit einem Angreifer stellen muss.
Pferdegruppe

 

Pferde als soziale Herdentiere, sollte man entsprechend keinesfalls alleine halten. Einem Pferd nicht täglich (!) freien Kontakt zu Artgenossen zu ermöglichen ist als Tierquälerei anzusehen. Dabei ist es aber auch wichtig, ob die Pferde sich mögen und verstehen. Im Prinzip ist es ähnlich wie beim Menschen: auch der möchte am liebsten in einer funktionierenden Sozialstruktur mit vertrauten anderen Menschen und genügend Sozialkontakten und Abwechslung leben. Andere Tiere, z.B. Esel, sind kein angemessener Ersatz für einen Artgenossen (genau so wenig, wie ein Schimpanse dies für einen Menschen wäre).

Pferde haben genau wie Menschen eine eigene Individualdistanz. Sie halten einen bestimmten Abstand zu Herdenmitgliedern und vor allem zu Fremden ein, der ihr „Wohlfühlabstand“ ist. Ebenso wie bei Menschen, dürfen Freunde diese Individualdistanz allerdings unterschreiten, z.B. zur Begrüßung oder zur sozialen Körperpflege. Auch Menschen unterschreiten die Individualdistanz bei Pferden, wobei die Pferde selbst da häufig wenig Mitspracherecht haben. Bei vertrauten Menschen genießen Pferde diese Nähe allerdings durchaus.

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